Konflikte zwischen Schulleitung und Lehrer:innen

06. April 2022

Warum du Konflikte unbedingt ansprechen solltest und wie du die Eskalation verhindern kannst

Überall wo Menschen zusammen arbeiten entstehen Konflikte. Das ist etwas ganz Normales und gehört zum Zusammensein mit dazu.

Ein Konflikt entsteht, wenn Menschen unterschiedliche Interessen, Meinungen oder Wertvorstellungen haben.

Konflikte sind unvermeidbar. Das WIE ist entscheidend!

Konflikte mĂŒssen, ja mĂŒssen (obwohl ich das Wort sonst gar nicht mag) angesprochen werden.

Sonst verfestigen sie sich und belasten die AtmosphÀre.

Unangesprochene Konflikte können das Miteinander sogar richtiggehend vergiften. Wenn du lernen willst klar und souverĂ€n als FĂŒhrungsperson zu kommunizieren, lege ich dir meine Fachausbildung zur souverĂ€nen FĂŒhrungsperson ans Herz.

Konflikte zwischen Mitarbeitenden und FĂŒhrungskraft

Zwischen Mitarbeitenden oder Kollegium und FĂŒhrungskraft entstehen besonders gerne Konflikte.

GrĂŒnde fĂŒr Konflikte zwischen der Schulleitung und Lehrer:innen

GrĂŒnde fĂŒr Konflikte zwischen Schulleitung und Lehrer*innen gibt es unzĂ€hlige.

In der folgenden Übersicht habe ich eine Liste erstellt, die einen ersten Überblick gibt.

Denkbare GrĂŒnde fĂŒr Konflikte zwischen Lehrer*innen oder insgesamt dem pĂ€dagogischen Personal und der Schulleitung sind z. B. folgende:

– Eine Fortbildung wird nicht genehmigt

– unterschiedliche pĂ€dagogische AnsĂ€tze oder Meinungen

– fehlende Anerkennung oder das GefĂŒhl der fehlenden Anerkennung

– zusĂ€tzliche Aufgaben sollen ĂŒbernommen werden, wie zum Beispiel Vertretung oder die Organisation von Veranstaltungen

– StundenplanwĂŒnsche werden (oder werden vermeintlich) nicht berĂŒcksichtigt

– vermeintlich richtiges Verhalten wird kritisiert

– verschiedene Sichtweise zur Kultur des Miteinanders

– fachfremder Unterricht soll erteilt werden

– Leistungsbereitschaft des Lehrers passt nicht zu den Erwartungen der FĂŒhrungskraft

– Sonderurlaub wird nicht genehmigt

Und so weiter und so weiter


2 Konflikt-Parteien – ungleiche Voraussetzungen

Es ist mir wichtig, klarzustellen, dass die Schulleitung mehr Macht hat, Konflikte zu beenden, als der Lehrer oder die Lehrerin.

Das ist wichtig zu wissen und wenn man ein bisschen darĂŒber nachdenkt ist es ja auch klar.

Wenn ich in der Hierarchie weiter oben stehe, bin ich in einer sehr souverÀnen Situation.

Und vergiss nicht, das ist auch so, wenn du zu 98 Prozent lateral fĂŒhrst – also einen sehr partizipativen FĂŒhrungsstil bevorzugst.

Ich kann großzĂŒgig sein und auf meine Mitarbeitenden zugehen, ohne etwas zu verlieren, da ich generell mehr Handlungs- und mehr Entscheidungsspielraum habe.

Und jetzt kommt ein dickes ABER.

ABER nur dann, wenn ich nicht im Stil einer Einbahnstraße leite.

Was meine ich damit? Wenn ich mich nicht als der Bestimmer, die Bestimmerin sehe und ich nicht tĂ€glich und stĂ€ndig unter Beweis stellen muss, dass ich hier die Leitung bin und deshalb mehr weiß, als alle anderen.

DER Schnelltest fĂŒr dein LeitungsverstĂ€ndnis

„Dieses LeitungsverstĂ€ndnis ist antiquiert und findet man an (freien) Schulen oder an Montessori-Schulen auf keinen Fall“, sagst du jetzt?

Doch, man findet es, es ist noch nicht ausgestorben und wenn du diesen Text liest und Leitung bist, habe ich einen Schnelltest fĂŒr dich.

Stell dir einfach mal ganz offen und ehrlich folgende Frage: „Habe ich den Anspruch an mich, die klĂŒgste Person im Raum zu sein?“

Wenn du jetzt nein sagst, natĂŒrlich nicht, ich verstehe den Kontakt mit anderen Menschen als Austausch und Bereicherung. Wir wachsen zusammen. Mal weiß ich mehr und mal weiß der andere mehr. Meine Leitungsrolle ist eine Funktion. Sie gibt mir andere Verantwortungen. Sie bedeutet ĂŒberhaupt nicht, dass ich auf jede Frage eine Antwort haben muss. Dann gratuliere ich dir zu deinem differenzierten und respektvollen LeitungsverstĂ€ndnis.

Wenn du aber denkst, ja ich habe tatsĂ€chlich diesen Anspruch, jedenfalls ab und zu. Ich baue mir als Leitung diesen Druck selbst auf. Dann bitte ich dich das einfach nur wahrzunehmen und freundlich mit dir selbst zu sein und es anzuerkennen. Die folgenden Abschnitte schenken dir Impulse, um deine Haltung StĂŒck fĂŒr StĂŒck zu verĂ€ndern.

Ein Konfliktbeispiel

Und nun zu einem konkreten Konfliktbeispiel. Beispiele machen ein Thema einfach greifbarer. Ich habe es sehr ausfĂŒhrlich beschrieben, um wirklich die kompletten Konfliktebenen herauszuarbeiten:

Eine Schulleiterin, die ich coache erzĂ€hlte mir von ihrem grĂ¶ĂŸten Konflikt mit einem ihrer Lehrer. Er liegt schon einige Jahre zurĂŒck und beschĂ€ftigt sie immer noch.

Folgendes ist vorgefallen: Die Schulleiterin besuchte den Unterricht dieses Lehrers.

Das ist etwas ganz normales und gehört zu ihrem Job.

Der Unterricht war nicht besonders toll. Der Lehrer sprach zu viel, die EinfĂŒhrung des Themas war viel zu lang und die Übungen waren zu wenig differenziert und vom Niveau her viel zu schwer.

Im anschließenden ReflektionsgesprĂ€ch lobte die Schulleiterin die Beziehung des Lehrers zu den SchĂŒlern, die positive ArbeitsatmosphĂ€re und die angenehme Lehrerpersönlichkeit des Kollegen.

Alle drei Aspekte fand sie aus ehrlichem Herzen heraus gut an dem Kollegen und dieser freute sich sehr.

Er fĂŒhlte sich von seiner Vorgesetzten gesehen und fing dann selbst damit an, seinen Unterricht zu analysieren.

Dabei deckte er fast alle kritischen Punkte auf, die die Schulleiterin auch beobachtet hatte und machte selbst VerbesserungsvorschlÀge.

Die Schulleiterin ergÀnzte ein wenig, musste aber eigentlich gar nicht mehr viel sagen.

Das GesprÀch war sehr angenehm, die Beziehung zwischen den beiden wurde durch das GesprÀch gestÀrkt und die Schulleiterin ging gut gelaunt zu ihrem nÀchsten Termin.

Sie war sehr zufrieden mit der ReflektionsfĂ€higkeit des Lehrers und war durch das GesprĂ€ch zu der Überzeugung gelangt, dass der Lehrer tatsĂ€chlich bereit und auch in der Lage war, seinen Unterricht zukĂŒnftig zu verbessern und ein weiteres BeratungsgesprĂ€ch war schon vereinbart.

Also alles erst einmal gut so weit. Kein Konflikt in Sicht.

Zwei Tage spĂ€ter bereitete die Schulleiterin eine Gesamtteamsitzung vor, an dem alle Lehrer*innen und sonstigen pĂ€dagogischen Mitarbeiter der Schule teilnehmen wĂŒrden. Das waren um die 60 Personen.

Zum besseren VerstĂ€ndnis ist es wichtig zu wissen, dass gerade eine sehr zeit-und arbeitsintensive Stundenplanumstellung durch die Schulleiterin fĂŒr die ganze Schule erfolgt war, weil sich die Lehrer*innen seit Jahren mehr Zeit am StĂŒck fĂŒr die Freiarbeit und das selbstorganisierte Lernen gewĂŒnscht hatten.

Sie beschloss also das Beispiel, dass sie im Unterricht des Lehrers vor zwei Tagen beobachtet hatte, aufzugreifen, weil ihr in den letzten zwei Tagen immer wieder voll Beunruhigung in den Kopf geschossen war, dass vielleicht noch mehr Kolleg*innen ihren Unterricht so zeitineffizient gestalten und darin der eigentliche Grund fĂŒr das stĂ€ndige GefĂŒhl der PĂ€dagog*innen lag, zu wenig Zeit zu haben. Sie wollte den Unterricht vorstellen als ein Beispiel fĂŒr schlechte Zeitnutzung.

Sie nahm also das Unterrichtsbeispiel auf die Agenda und bereitete mehrere Tipps vor, die leicht umsetzbar waren und den Lehrer*innen helfen wĂŒrden, den Kindern mehr SelbstĂ€ndigkeit beim Lernen zu geben.

Das war der Schulleiterin sehr wichtig und sie war sehr zufrieden mit ihrer Vorbereitung und freute sich richtig auf den Austausch mit ihrem Team.

Die Teamsitzung verlief dann aber ganz anders als gedacht.

Als die Schulleiterin das Beispiel erzĂ€hlte nannte sie keinen Namen, doch als der Lehrer mitten rein fragte, ist das mein Unterricht, den du da als Beispiel anfĂŒhrst, bejahte sie das.

Mit hochrotem Kopf und knallender TĂŒr verließ der Lehrer die Schulaula, in der das Treffen stattfand. Bevor er den Raum verließ schrie er mit sich ĂŒberschlagender Stimme folgenden Satz in Richtung der Schulleiterin: „Gerade wenn man meint, es wird besser, wird man hier in die Pfanne gehauen.“

Perplex und tief berĂŒhrt hielt die Schulleiterin inne.

Was war passiert? Was hatte sie verpasst? Warum war er so abgerauscht?

Die Luft knisterte vor Unbehagen. Die Kolleg*innen rutschten unruhig auf ihrem Stuhl, keiner fĂŒhlte sich mehr wohl. Die Schulleiterin klĂ€rte noch ein paar organisatorische Dinge und beendete dann die Sitzung 30 Minuten frĂŒher als geplant. Heute war keine Diskussion möglich. Zum Abschluss sagte sie noch „Es tut mir sehr leid, dass das passiert ist, ich wollte den Kollegen nicht bloß stellen. Ich hoffe, dass ihr mir das glaubt.“

Was war passiert?

Sach- oder Beziehungskonflikt?

Man kann grundsÀtzlich zwei Konfliktarten unterscheiden: Den Sachkonflikt, in dem es um eine sachliche Meinungsverschiedenheit geht und den Beziehungskonflikt, der die Beziehung zum Thema hat.

In diesem Beispiel handelt es sich sicher um einen Beziehungskonflikt.

Denn von der Sache her kann man der Schulleiterin wenig VorwĂŒrfe machen: In der Sache, dass der Unterricht nicht optimal vorbereitet und durchgefĂŒhrt war, waren sich Lehrer und Leitung ja einig.

Doch was war passiert?

Nimm dir ruhig ein, zwei AtemzĂŒge Zeit, um darĂŒber nachzudenken und fĂŒhle dich in die beiden Konfliktpartner, den Lehrer und die Schulleiterin ein: Gehst du mit einem der beiden in Resonanz? Kannst du also eine Seite mehr verstehen als die andere? Warum ist das so?

Und kommt dir eine Idee zu der Frage: Wie könnte man nun diesen Beziehungskonflikt lösen?

Und wessen Aufgabe ist das? War der Lehrer nicht einfach etwas ĂŒberempfindlich? Soll er sich nicht so anstellen? Wie könnte die Schulleiterin nun respektvoll mit dem Kollegen umgehen und wie könnte sich das ganze Kollegium sich positionieren, das ja Zeuge der Situation geworden war? Oder halten sie sich besser raus? Ist das ĂŒberhaupt möglich, wenn man doch bei so einem massiven GefĂŒhlsausbruch mit dabei war?

Die 9 Konfliktstufen (nach Friedrich Glasl, Konfliktforscher)

Eine gute Gelegenheit die verschiedenen Konfliktstufen (nach dem Konfliktforscher Friedrich Glasl) an diesem Beispiel zu betrachten.

Der Ausbruch des Kollegen war die Stufe 1: Verstimmung, es kam zu Irritationen und zu Spannungen. In Stufe 2 kommt der Konflikt auf den Tisch. Es kommt zu einem offenen Streit. In diesem liegt die Chance den Konflikt zu lösen, wenn es gelingt eine konstruktive Auseinandersetzung zu fĂŒhren. Das könnte ein offenes GesprĂ€ch zwischen dem Lehrer und der Schulleiterin sein, indem der Lehrer seine BedĂŒrfnisse und Erwartungen offen liegt und die Schulleiterin offen und verstĂ€ndnisvoll zuhört.

Der Konflikt kann aber auch weiter eskalieren, wenn die Beteiligten sarkastisch werden, sich gegenseitig VorwĂŒrfe machen oder zynisch werden.

Oder der Konflikt wird unter den Teppich gekehrt und eben nicht auf den Tisch gepackt. Es findet also kein klĂ€rendes GesprĂ€ch statt. Sondern man geht sich aus dem Weg und wenn man sich trifft bagatellisiert man die Sache mit „War nicht so wild“. Wenn das passiert und also die 2. und/oder die 3. Stufe ĂŒbersprungen wird, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass der Konflikt zu einem spĂ€teren Zeitpunkt eskaliert. Zum Beispiel beim nĂ€chsten Konflikt, der mit dem ersten gar nichts zu tun haben muss.

Die 3. Stufe ist die der Taten statt Worte. Man geht – wie gesagt – der Auseinandersetzung aus dem Wege, macht AlleingĂ€nge und spricht sich nicht miteinander ab, obwohl das der gute Weg wĂ€re.

In der 4. Stufe werden Koalitionen gebildet. Um sich psychisch zu entlasten, sucht man sich VerbĂŒndete. In unserem Beispiel wĂ€ren das vielleicht die Kollegen, die nun gewollt oder ungewollt in den Konflikt hineingezogen werden. Die negativen EindrĂŒcke werden gegenseitig ausgetauscht und verstĂ€rkt. „Fandest du es auch unmöglich, dass die Schulleiterin meinen Unterricht als schlechtes Beispiel vor allen ausgebreitet hat? So lasse ich nicht mit mir umgehen. Das findest du doch auch, oder?“

Hier hat die Schulleiterin schon etwas vorgesorgt mit ihrem erklĂ€renden und sich entschuldigenden Abschlusssatz in der Konferenz, aber ob das ausreicht, spĂ€tere Allianzen zu verhindern? Das liegt auch daran, wie gut und damit wie belastbar die einzelnen Beziehungen der Schulleiterin zu den anderen Lehrer*innen ist. Ist sie zum Beispiel neu in ihrem Job und hatte noch nicht genĂŒgend Zeit zum Aufbau von persönlichen Beziehungen, hat sie weniger Chancen, als wenn sie schon 10 Jahr oder so Schulleiterin ist.

Danach beginnt die 5. Stufe. Die Stufe des Gesichtsverlusts, bzw. des Gegenangriffs. Nachdem man sich jetzt durch die Gewinnung von VerbĂŒndeten RĂŒckendeckung geholt hat und damit das eigene Selbstbewusstsein gestĂ€rkt ist, legt man es darauf an, das „wahre Gesicht“ des GegenĂŒbers oder auch Gegners (auch wenn ich dieses Wort nicht gerne benutze, empfinden sich die Konfliktbeteiligten in dieser 5. Eskalationsstufe sicher eher als „Gegner“ als als „GegenĂŒber“) zu entlarven.

Man meint, das wahre Gesicht des Gegners zu kennen und möchte, dass alle im Umfeld das auch zu sehen bekommen und begreifen, mit wem man es hier zu tun hat. „Der Lehrer ist so empfindlich, das wusste ich schon immer und ich habe noch mehr Beispiele, wo er sich wie ein kleines Kind aufgefĂŒhrt hat.“ oder aus Sicht des Lehrers: „Die Schulleiterin hat kein GespĂŒr fĂŒr Menschen. Sie bĂŒgelt ĂŒber die GefĂŒhle der Kollegen hinweg. Sie ist machthungrig und kalt.“ Hier reicht eine Entschuldigung nicht mehr aus. Die Verletzungen sind tief, das Vertrauen stark erschĂŒttert.

Stufe 6 ist die Ultimatum-Stufe. Der Konflikt ist jetzt so eskaliert, dass mit aller Macht eine VerĂ€nderung herbeigefĂŒhrt werden muss. Man hĂ€lt es kaum noch aus. Zu diesem Zweck werden Ultimaten und Drohungen gestellt. „Drastische Konsequenzen werden folgen, wenn meine Forderungen nicht erfĂŒllt werden.“ ist ein fĂŒr diese Stufe typischer Satz. Man schaukelt sich weiter gegenseitig hoch. Es kommt aber zu keiner Lösung. Der Lehrer könnte zum Beispiel damit drohen, den Eltern der Schule mal zu erzĂ€hlen, was fĂŒr eine Schulleiterin die Schule so hat. Die VerhĂ€ltnismĂ€ĂŸigkeit ist ĂŒberhaupt nicht mehr gegeben.

Anmerkung: Die Stufen sind nicht klar zu trennen und gehen ineinander ĂŒber.
In Stufe 7 werden nun gezielte VernichtungsschlĂ€ge eingesetzt. Das kann in Form von Worten geschehen, wie zum Beispiel dem Ausstreuen von GerĂŒchten oder in Form von physischer Gewalt. ZunĂ€chst gegen Dinge, es werden zum Beispiel Unterlagen vernichtet oder Reifen aufgeschlitzt.

Und nun kommen wir (endlich) zu den beiden letzten Stufe der Eskalation eines Konflikts und zwar der Zerstörung des gegnerischen Systems. Die 8**. Stufe** ist eine VerschÀrfung der 7. Stufe und auch die Familie und Freund:innen des Gegners werden in die Vernichtungsabsichten einbezogen. Auf dieser Stufe kommt es zu Behinderungen, zu offenen Sabotagen und zu frontalen Angriffen.

Die 9. und letzte Stufe ist die „Gemeinsam in den Abgrund“-Stufe. Es geht nur noch darum, den Anderen zu zerstören. Auch wenn man selbst dabei Schaden nimmt.

So, das sind die neun Konflikt-Eskalationsstufen nach Friedrich Glasl.

Puh, ganz schön schrecklich. Das wĂŒnscht man niemanden und deshalb lohnt es sich mit diesem „Horrorszenatio“, das nur Verlierer hat im Hinterkopf, sich intensiv der Konfliktlösung zu widmen.

Die Konfliktlösung

Kommen wir nun zur Konfliktlösung.

In den Stufen 1-3 ist eine Win-Win- Lösung möglich. Das heißt, es kann eine Lösung gefunden werden, die beiden Seiten nutzt und bei der die Interessen beider Seiten berĂŒcksichtigt werden können.

In den Stufen 4-5 entsteht eine Win-Lose-Lösung. Das heißt jetzt ist eine einvernehmliche Lösung nur schwer möglich. Die Wahrung der Interessen beider Seiten ist kaum zu schaffen. Meistens setzt sich eine Partei durch – auf Kosten der anderen.

Der Einsatz eines neutralen Vermittlers oder einer Mediatorin ist sinnvoll.

Auf den Stufen 7-9 kommt es zu einer Lose-Lose-Lösung. Beide Parteien mĂŒssen also Federn lassen.

Auch eine neutrale Vermittlerin kann wenig ausrichten, wenn die Parteien nicht an einer gemeinsamen Lösung interessiert sind.

Die einzige Möglichkeit, die noch besteht ist dass eine Macht von außen die KlĂ€rung herbeifĂŒhrt (zum Beispiel ein Gericht).

So, was bedeutet das jetzt fĂŒr den Kontext Schule?

Konflikte in der freien und Montessori-Schule – eskaliert oder noch zu retten?

Konflikttheorie – und was du in der Praxis an deiner Schule als Leitung zusĂ€tzlich beachten solltest

Eine kleine ErgĂ€nzung, damit du die Theorie vollstĂ€ndig fĂŒr dich nutzen kannst:

  • Es muss nicht bei jedem Konflikt jede Stufe durchlaufen werden.

  • Die Stufen sind nicht scharf voneinander zu trennen. Sie gehen oft ineinander ĂŒber.

  • Die Konfliktpartner können in ganz unterschiedlichen Stufen sein.

Lieber abwarten und Tee trinken?

Wenn du eine Sache aus der Theorie der Konfliktstufen mitnimmst, dann dass Warten zu einer VerschĂ€rfung der Situation (und höheren Konfliktstufen) fĂŒhren kann!

Je frĂŒher man den Konflikt erwischt und löst, desto schneller, leichter und positiver ist er zu lösen. Deswegen: Trinke deinen Tee lieber zusammen mit deinem:r Mitarbeiter:in!

Unausgesprochene Konflikte brodeln wie ein Vulkan


GrundsÀtzlich ist es wichtig Konflikte auszutragen und zwar konstruktiv und respektvoll.

Es gibt Untersuchungen, die belegen, dass unausgetragene Konflikte zu einem starken psychischen Ungleichgewicht fĂŒhren können. Sie schwelen in der Person oder zwischen zwei Personen und vergiften die AtmosphĂ€re.

Konflikt-Vorsorge: Das Klima des Miteinanders ist entscheidend

Ein Klima des Respekts, des VerstÀndnis und der Akzeptanz sind zentral. Sie sind der Boden, auf dem Konflikte gut angesprochen und gelöst werden können.

Und eine sehr gute KommunikationsfĂ€higkeit ist hilfreich – die integrierend, anerkennend und empathisch ist.

Das sind Faktoren, auf die du Einfluss nehmen kannst: Und zwar lange bevor es zu Konflikten kommt. Du erinnerst dich an den Beginn dieses Artikels? Konflikte sind unausweichlich! Deswegen leg direkt die Weichen dafĂŒr, dass sie so gelöst werden, dass dein Kollegium und du dadurch enger zusammen rĂŒcken.

Übrigens: In der Fachausbildung zur souverĂ€nen FĂŒhrungsperson an Schulen lernst du nicht nur deine ganz individuellen Ethischen Werte klar zu benennen – sondern du verfeinerst enorm deine Kommunikationsskills! Eine Grundvoraussetzung fĂŒr gute FĂŒhrung. Denn: „Alles kann gesagt werden ohne zu verletzen. Du brauchst nur die richtigen Werkzeuge.“

Wenn es brennt: 3 wichtige GrundsÀtze von KonfliktgesprÀchen

Folgende drei GrundsÀtze sollte die Schulleiterin in unserem Beispiel unbedingt beachten, wenn sie das klÀrende GesprÀch mit ihrem Lehrer vorbereitet:

1. Die korrekte Einladung

Die Einladung zum GesprĂ€ch soll schriftlich erfolgen. Die Email sollte eine klare Zielformulierung enthalten, gerne mit einer Ich-Aussage: „Mir ist es wichtig, mir ganz in Ruhe deine Sichtweise anzuhören und zu verstehen
.“ Damit fĂŒhlt sich der Lehrer leichter gesehen und respektvoll behandelt. Sie könnte ihm auch anbieten, eine Vertrauensperson zur UnterstĂŒtzung mitzubringen – falls ihm das gut tut.

2. Hast du genug Raum in dir fĂŒr dieses GesprĂ€ch?

Erinnerst du dich an dein letztes All-you-can-eat-Buffet? Ja? Und als dein Teller komplett voll war und du die leckeren Snacks entdeckt hast, die sich vorher versteckt hatten – was ist dann passiert, als du sie auch noch auf deinen (ohnehin schn vollen) Teller legen wolltest?
Entweder du bis ein:e StapelkĂŒnstler:in oder es sah in etwa so aus: Rechts und links drohten Leckerbissen runterzufallen und der Weg zurĂŒck zu deinem Tisch war etwas mĂŒhsam.

Genauso gestaltet es sich mit der Menge an Aufgaben und Dingen, die du „tagtĂ€glich auf deinem Teller“ hast. Aka deinem Schreibtisch. wenn kein Raum da ist, dann werden rechts und links Dinge runter fallen.

Und weißt du, was noch passiert?

Du hast keinen Raum fĂŒr dein GegenĂŒber, um wirklich achtsam und aufmerksam zuzuhören, nachzufragen und dich in die Perspektive des oder der Anderen einzufĂŒhlen.

3. WertschÀtzung und Achtsamkeit

Achtsamkeit und WertschÀtzung

WertschĂ€tzung und Achtsamkeit sind die beiden SchlĂŒsselwörter fĂŒr Beziehungskonflikte. Und das geht einerseits nach Außen („Wieviel hast du auf deinem Teller liegen? Ist da noch genug Raum, um deinem GegenĂŒber achtsam zu begegnen?“) als auch nach Innen („Wie kann ich mehr Raum auf meinem Teller frei machen? Wie kann ich mir selbst noch mehr Selbstliebe schenken?“)

Wenn der Lehrer in unserem Beispiel in Selbstliebe, Selbstvertrauen und Selbstachtung geschwommen wĂ€re, 
 wenn er in diesen drei Themen richtig aus dem Vollen hĂ€tte schöpfen können, dann hĂ€tte er in der Konferenz vielleicht mit den Schultern gezuckt und gesagt: „Na toll, das bin ich, das ist mein Unterricht, den die Schulleiterin hier beschreibt. Als Negativbeispiel fĂŒr schlechtes Zeitmanagement im Unterricht. Das fĂŒhlt sich jetzt nicht so richtig gut an. Aber, es stimmt ja auch, da habe ich noch einen Weg zu gehen, um ein positives Vorbild zu werden.“

Deine Mitarbeiter verstehen: Emotionale AusbrĂŒche sind Selbstschutz

Dass er so emotional explodiert ist, bedeutet, dass er sich selbst zu wenig WertschÀtzung und Achtsamkeit entgegengebracht hat.

Er hĂ€tte es von Außen gebraucht.

Das Gegenteil war aus seiner Sicht passiert. Er hatte keine WertschÀtzung und Achtsamkeit von seiner Schulleiterin bekommen und er war in einen Verteidigungsmodus gefallen. Nichts anderes bedeutet sein Ausbruch.

In einer perfekten Welt voller Selbstliebe und Selbstachtung mĂŒsste man sich nicht so verteidigen

Da wir nicht in einer perfekten Welt leben, in der alle unsere BedĂŒrfnisse jederzeit und immer erfĂŒllt sind und wir uns selbst so wertschĂ€tzen, wie wir es brauchen wĂŒrden, ist es wichtig um diese ZusammenhĂ€nge zu wissen. Dann kann man sich entsprechend verhalten.

Das meine ich nicht als Entschuldigung. Der Lehrer, um diese Berufsbezeichnung zu verdienen, sollte sich unbedingt selbst reflektieren und sich gegebenenfalls entschuldigen – bei seiner Schulleiterin und bei seinem Kollegium. Das wĂ€re ein Weg, respektvoll und achtsam zu sein.

Konflikte als Chance

Kann man denn nun Konflikte als Chance sehen und sie sogar nutzen, um die Beziehung zu stÀrken?

Ja, das geht tatsÀchlich.

Konflikte positiv umwandeln: Praktische Tipps fĂŒr dich als Schulleitung

In unserem Beispiel könnte die Schulleiterin ihre Betroffenheit auch nach außen zeigen, dass das PflĂ€nzchen des Vertrauens zwischen ihr und ihrem Kollegen, das durch den so positiv verlaufenen Unterrichtsbesuch entstanden war, so schnell wieder ausgerissen wurde.

Sie könnte sich von Herzen entschuldigen und fragen, was der Kollege von ihr brauchen wĂŒrde, um wieder Vertrauen zu fassen. Sie könnte ihm aktiv zuhören und ihm mit dem Spiegeln seiner Aussagen zeigen, dass sie verstanden hat, was er in diesem Moment fĂŒhlte.

VerstĂ€ndnis und ein verletzlicher Dialog sind hier die SchlĂŒssel, um zu signalisieren, dass die Beziehung fĂŒr dich als Schuleiter:in wichtig ist.

Der Lehrer könnte sich genauso entschuldigen fĂŒr die Heftigkeit seiner Reaktion in dem Moment. Auch wenn die MachtverhĂ€ltnisse fĂŒr KonfliktklĂ€rung nicht ausgeglichen sind – die Verantwortung fĂŒr eine gute Beziehung liegt bei beiden Parteien.
Er könnte anerkennen, dass die Schulleiterin ĂŒberhaupt keine schlechte Absicht hatte – sondern ihr Beispiel ein Ausdruck des Vertrauens in ihre Zusammenarbeit war. Sie wollte ihn nicht vorfĂŒhren. Sie wollte nur etwas herausarbeiten, was sie fĂŒr die Schule insgesamt sehr wichtig fand.

WĂ€re es fĂŒr beide okay, das nĂ€chste Mal vorher darĂŒber zu sprechen oder sogar die Sitzung gemeinsam vorzubereiten?

Und auch wichtig zu bedenken: Was brauchen nun die anderen Kollegen, um wieder beruhigt zum Alltag zurĂŒckzugehen? Sollte man gemeinsam vor der nĂ€chsten Sitzung etwas zu den Kolleg:innen sagen, zum Beispiel: „Wie konnten das gut miteinander klĂ€ren, wir haben
.?“

Meiner Erfahrung nach möchte kein Mensch in einem Konflikt verharren, schon gar nicht Vorgesetzte und Mitarbeiter:innen. Das macht einfach keinen Spaß.

Win-Win-Lösungen als Ziel von Konflikten zwischen Schulleitung und Kollegium

Deshalb lohnt es sich frĂŒh aktiv zu werden – wir sollten unsere ganze Energie darein setzen, eine Win-Win-Lösungen anzustreben.

Zusammenfassend: PrĂ€vention fĂŒr Konflikte verhindert die Eskalation an deiner Schule

Die beste PrĂ€vention fĂŒr eskalierende Konflikte ist ein guter Kontakt zu sich selbst, Selbstliebe und Selbstaufmerksamkeit, Achtsamkeit und WertschĂ€tzung sich selbst gegenĂŒber.

Das macht uns so unabhĂ€ngig von den Menschen um uns rum. Die uns in der Regel gar nichts Böses wollen. Deshalb mĂŒssen wir uns dann auch weniger verteidigen, sondern können unsere unterschiedlichen Meinungen als Bereicherung begreifen. Wow, das ist ja toll!!!

In den „7 RĂ€umen der FĂŒhrung“ wird dieser Bereich ĂŒbrigens im Raum der Liebe konkret angeschaut und ausgebaut. Die Selbstliebe ist der Kleber zwischen dir als Schulleitung und deinem Kollegium.
Du kannst mehr ĂŒber die „7 RĂ€ume der FĂŒhrung“ hier erfahren – oder direkt die praktische „Fachausbildung zur souverĂ€nen FĂŒhrungsperson an Schulen“ absolvieren.

Außerdem: Schenk von Anfang an deiner Kommunikations-Kultur besondere Aufmerksamkeit – Wenn Konflikte auf einen Boden von Vertrauen fallen, dann ist es viel leichter mit ihnen umzugehen. Versprochen!

Wir sind in der Schule ja schließlich ein Beispiel fĂŒr die Kinder und Jugendlichen und im Konfliktfall ein Vorbild. Nicht weil wir Konflikte vermeiden, sondern weil wir sie positiv und lösungsorientiert gestalten und sie nutzen, um unsere Beziehungen zu stĂ€rken.

Sandra Schumacher

Sandra Schumacher ist die GrĂŒnderin des Instituts Wunder. Fliegen. Weiter. und blickt selbst auf 10 Jahre Schulleitung an einer freien Montessori-Schule zurĂŒck.

In ihren Blogartikeln schenkt sie dir spannende Einblicke in alltĂ€gliche Fragen von Schulleiter:innen und FĂŒhrungspersonen an Schulen - und hilft dir, deine eigene FĂŒhrung jeden Tag zu verbessern!

Erfahre mehr ĂŒber uns!

Psst, es gibt eine Ausbildung zur Schulleitung

Die praxisnahe Fachausbildung zu den “7 RĂ€umen der FĂŒhrung”

Die Online-Fachausbildung zu den “7 RĂ€umen der FĂŒhrung” ist das HerzstĂŒck des Instituts. Zwei Mal im Jahr begleiten wir eine ausgewĂ€hlte Gruppe von bis zu 25 Personen dabei, in ihre souverĂ€ne FĂŒhrungsrolle (noch mehr) hineinzuwachsen. Dabei kreieren wir eine ausgeglichene Mischung von Gemeinschaft und Austausch mit wertvollem und praktischem Input.

Nach den 3 Monaten wirst du nicht nur Kontakte fĂŒr das Leben geknĂŒpft haben, sondern mit einem ganz neuen GefĂŒhl von Gelassenheit deinen Alltag mit all seinen Herausforderungen meistern.

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