Echte Montessori-Freiarbeit, so funktioniert sie

13. September 2019

Im Zimmer der jahrgangsgemischten Lerngruppe (1-4) von der ich heute erzĂ€hlen will, herrscht konzentrierte Ruhe. 22 Kinder arbeiten am Boden, auf dem großen roten runden Teppich in der Raummitte, auf einer Bank am Fenster und an Tischen.

Wie beschreibt man diese besondere AtmosphÀre? Wie fÀngt man die energiegeladene Konzentration ein?

Ich versuche es mal durch die genaue Beschreibung:

Ganz vertieft und konzentriert sind die Kinder bei der Arbeit mit verschiedenen Materialien an unterschiedlichen Themen und vielfÀltigen Aufgaben.
Zwei kleine Jungs rechnen mit blauen, grĂŒnen und roten Perlen und schreiben ihre Lösungen mit Farbstiften der gleichen Farbe auf.
Drei verschieden alte MĂ€dchen sitzen an einem Tisch: Abwechselnd liest ein MĂ€dchen einen Satz von einer Karte ab und die anderen beiden antworten. Es geht um den Lebensraum von Steppentieren.
Eine gemischte Gruppe MĂ€dchen und Jungs verschiedenen Alters ist gerade mit geometrischen Körpern in den Nebenraum gegangen: Durch die GlastĂŒre sehe ich, dass sie die blauen Holzkörper sortieren und sich dabei angeregt diskutierend unterhalten.
Drei Kinder sitzen fĂŒr sich alleine. Zwei schreiben einen Text ab. Ein Kind hĂ€lt NotizblĂ€tter in der Hand, auf denen Text und bunte Bilder zu sehen sind und murmelt frei sprechend vor sich hin. Es ĂŒbt einen Vortrag, den es am Ende der Freiarbeit vor einer großen Kindergruppe halten wird.
Eine Lernbegleiterin sitzt mit sechs Kindern an einem Tisch im hinteren Raumdrittel. Sie gießt verschiedenfarbiges Wasser in große und kleine GlasgefĂ€ĂŸe. Eine Waage, ein Thermometer, eine große Schale mit EiswĂŒrfel und ein Wasserkocher stehen bereit und es geht wohl um die Dichte des Wassers.

Eine weitere Lernbegleiterin sitzt am Teppich neben zwei Jungen, die Modelle mit verschiedenen Gesteinsformen befĂŒhlen.
Es klappert und brummt. Es murmelt und tönt. Es blÀttert und plÀtschert.

Sieht so eine typische Freiarbeitssequenz aus? Ja! Und es fasziniert mich, wie entspannt und gleichzeitig konzentriert die AtmosphĂ€re im Raum ist. Wie viel das Auge entdecken kann und wie strukturiert dennoch das Gesamtszenario wirkt. Fast mĂŒhelos scheint diese Konzentration entstanden zu sein und das Zusammenspiel der verschiedenen AktivitĂ€ten nebeneinander, scheint ergĂ€nzt durch ein ĂŒbergreifendes, ineinander verzahntes Miteinander.

Der runde Teppich, der in Montessori-Schulen in jedem Zimmer zu finden ist, ist wohl das Erkennungsmerkmal dieser ReformpÀdagogik und auch das reichhaltige Arbeitsmaterial, das in den zahlreichen Regalen an drei WÀnden des Raumes zu finden ist, fÀllt auf. Es ist vorwiegend aus unbehandeltem Holz und wirkt sehr klar, strukturiert und ansprechend auf den Betrachter.

Insgesamt strahlt der Raum eine gemĂŒtliche AtmosphĂ€re aus. Strukturiert und reichhaltig. Man merkt, dass hier Arbeit im Prozess aufbewahrt wird. In einer Zimmerecke stehen zum Beispiel zusammengerollte Plakatrollen in einem umfunktionierten Papierkorb. Auf einem Regalbrett stehen PetrischĂ€lchen mit verschieden farbigen FlĂŒssigkeiten, die auf den nĂ€chsten Arbeitsschritt warten.
Mich erinnert der Raum an ein Labor, das zu vielfÀltigen ForschungsaktivitÀten einlÀdt und dieser Eindruck wird verstÀrkt durch die verschiedenen TÀtigkeiten, die zu beobachten sind.

So reichhaltig und vielfÀltig kann Lernen sein!

Konkret, abstrakt, praktisch, theoretisch, kompliziert und ganz einfach.

Verschieden, einfach so wie jedes dieser Kinder, die man auch SchĂŒler nennt. Hier fĂ€llt mir ein Zitat von Gerald HĂŒther ein, dem bekannten deutschen Neurowissenschaftler, der das gehirngerechte Lernen zu seinem Thema gemacht hat: „Kinder agieren wie Kinder, nicht wie SchĂŒler.“

Und das nimmt die Montessori-PĂ€dagogik ernst. Sie schafft eine forschende LernatmosphĂ€re, in der das Kind auf seinem jeweiligen Interessens- und Wissensstand forschend lernen kann. Einfach super, weil absolut gehirngerecht. Das Kind ist Kind, so einfach ist es, wenn es darum geht „die angeborene Lust am Entdecken und am gemeinsamen Gestalten“ (Zitat Gerald HĂŒther) zu bewahren und als Ausgangspunkt fĂŒr ein nachhaltiges und qualitativ hochwertiges Lernen zu nehmen. Dieses Prinzip hat Maria Montessori als fortschrittliche Naturwissenschaftlerin bereits vor 100 Jahren erkannt und die heutige AktualitĂ€t ist offensichtlich. Absolut stĂ€rkenorientiert und voll Vertrauen in die kreative und machtvolle Gestaltungskraft des Kindes! Die Montessori-PĂ€dagogik nimmt die kindlichen Ideen und Fragen ernst und begleitet die Kinder respektvoll zu selbst gefundenen Antworten.

Viele Erwachsene, denen ich von der Montessori-PĂ€dagogik erzĂ€hle, sagen: „HĂ€tte ich nur selbst so entdeckend lernen können, dann wĂ€ren mir viele ZusammenhĂ€nge klar geworden.“
Ja, das finde ich auch.

Sandra Schumacher
Wunder- Fliegen. Weiter.

Sandra Schumacher

Sandra Schumacher ist die GrĂŒnderin des Instituts Wunder. Fliegen. Weiter. und blickt selbst auf 10 Jahre Schulleitung an einer freien Montessori-Schule zurĂŒck.

In ihren Blogartikeln schenkt sie dir spannende Einblicke in alltĂ€gliche Fragen von Schulleiter:innen und FĂŒhrungspersonen an Schulen - und hilft dir, deine eigene FĂŒhrung jeden Tag zu verbessern!

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