Es war Ende November und alle Kinder meiner Lerngruppe (ich arbeitete zu der Zeit als Klassenlehrerin einer 1.-4. Klasse gemischten Lerngruppe an der Montessori-Schule), die im September eingeschult wurden, lasen bereits. Alle, bis auf einen.
Eines Morgens erzÀhlte ich eine Geschichte. Sehr begeistert erzÀhlte ich sie, denn Begeisterung ist der Feenstaub beim Lernen, also das Zaubermittel.
Eine wahre Geschichte
Es war eine wahre Geschichte und sie handelte von einer Löwenfamilie und davon, wie diese ihre Aufgaben verteilten und was jeder zu tun hatte in der Löwengruppe. Ich verzichtete darauf den Löwen Namen zu geben oder sie sonst wie zu verniedlichen. Die Geschichte war eine begeistert und spannend erzĂ€hlte Sachinformation zum Thema âLebenswelt der Löwenâ.
Eine ErkÀltung als Lernkatalysator
Dann war ich eine Woche krank. Mich hatte eine ErkĂ€ltung erwischt, was leider leicht passiert, wenn man jeden Tag mit ĂŒber 20 Kindern zusammen ist.
Als ich wieder da war, konnte der Junge lesen. Ich war sehr erfreut und fragte ihn:â Was ist passiert? Das ging ja jetzt schnell.â Er antwortete: âJa, du warst ja krank.â Ich schaute ihn verblĂŒfft an, da ich ĂŒberhaupt nicht verstand, was ich mit seinem Lesenlernen zu tun haben könnte, zumal ich ja nicht mal in der Schule war. Er meinte: âJa, ich wollte ja wissen, wie das mit den Löwen genau ist und ich konnte dich nicht fragen, also habe ich lesen gelernt, ganz viel ĂŒber Löwen gelesen und nĂ€chste Woche halte ich ein Referat dazu.â
Wow. Noch heute, viele Jahr danach, bekomme ich eine GĂ€nsehaut, wenn ich seine Worte aufschreibe.
Es hat mich sehr berĂŒhrt.
Was ist Lernmotivation?
Wie schnell und wie viel und wie gut ein Mensch lernen kann, wenn es nötig ist, um das Interesse, unsere stÀrkste Motivation zu befriedigen.
Meine Definition lautet: Lernen ist Motivation und Verbindung.
Und diesen Jungen musste man nicht mit einem Tablet oder einer tollen LernoberflĂ€che zum Lernen verlocken. Es war die Verbindung zum Thema in Kombination mit der Bindung zu mir, seiner Lehrerin, die ihn zum Lernen brachte. Er brauchte als Lernumgebung einen Raum voller SachbĂŒcher. Wahrscheinlich hĂ€tte sogar ein gutes Buch ausgereicht.
Egal welches Lernmedium wir einsetzen, wir sollten uns fragen, ob es der Bindung und der Motivation dient. Wenn die Lernumgebung verschiedene Möglichkeiten bereit hÀlt, um das Gleiche zu lernen, suchen sich die Kinder und Jugendlichen das Medium aus, mit dem sie am besten zurecht kommen.
Das kann ein Buch sein, ein SchĂŒlervortrag, ein Film, eine Zeitschrift, ein Bild, eine Lernsoftware, was auch immer. AbhĂ€ngig vom Thema und vom Alter des Kindes, oder des Jugendlichen.
Und in der Abwechslung liegt der Reiz, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Ich liebe Visualisierungen, die liebevoll gestaltet sind, lese gerne am Kindle, SachbĂŒcher hingegen lieber auf Papier. Ich mag die technischen Möglichkeiten, wie Videokonferenzen genauso, wie webbasierte PrĂ€sentationen.
Und ein persönliches Treffen und Ideenentwickeln auf einer Flipchart ist ebenfalls toll.
Was meinst du dazu? Ich staune ĂŒber das Spektrum, das uns zur VerfĂŒgung steht und ich möchte alles nutzen, auch und gerade wenn ich Schulen unterstĂŒtze.
Sandra Schumacher
Wunder. Fliegen. Weiter.